Stammzellen und künstlich hergestellte Gewebe in Ersatzmethoden für Tierversuche

Bevor neue Medikamente oder Kosmetika auf den Markt kommen, muss sichergestellt werden, dass diese für den Menschen unbedenklich und verträglich sind. Dazu ist es nach wie vor unerlässlich die eventuelle Schädlichkeit an Tieren zu testen. Heutzutage können einige dieser Tests jedoch ersetzt werden, unter anderem auf der Basis von Zellsystemen.

Einfache Gewebe wie eine Herzklappe können heute in Laborgefäßen gezüchtet werden. / Foto: Deutsches Herzzentrum, München

Die Kosmetikindustrie nutzt dafür mit Tissue Engineering gewonnene „Hautschnipsel“. Auf diesen wenige Quadratzentimeter großen Hautteilen wird zum Beispiel getestet, ob ein Stoff eine Reizwirkung hat. Ein weiterer Vorteil dieser Methode gegenüber Tierversuchen besteht in einer besseren Standardisierung und damit einer besseren Vergleichsmöglichkeit innerhalb einer Versuchsreihe sowie unterschiedlicher Versuchsreihen untereinander. Ein generell zugrunde liegendes Prinzip, das auch vom BfR (Bundesamt für Risikoforschung) unterstützt wird, ist das sogenannte 3R Konzept. Dies besagt, dass durch die Anwendung der Methode (ZellkulturZellkultur
Kultivierung von isolierten Zellen in vitro in einem künstlichen Nährmedium zu Forschungszwecken
) Tierversuche ersetzt werden (replacement), die Zahl der Versuchstiere reduziert wird (reduction) und das Leiden und die Schmerzen der Versuchstiere vermindert werden (refinement). Die EU hat mittlerweile den Vertrieb und Import von Produkten untersagt, bei deren Entwicklung Tierversuche trotz eines zugelassenen alternativen Zellkulturtests durchgeführt wurden. Insgesamt gibt es in der EU heute schon circa 40 zugelassene alternative Tests zu Tierversuchen. Auch in der Medikamentenentwicklung gibt es immer neue Ideen für Toxizitätstests (Giftigkeitstests). Hierbei werden zuerst im großen Maßstab bei der Suche nach neuen Wirkstoffen viele Substanzen auf ihre allgemeine Zytotoxizität (Zellschädlichkeit) an Zellen getestet. Sehr spezialisierte Verfahren befinden sich in der Entwicklung: ein Mikrofluidik-Chip, bei dem Leber- und Endothelzellen (Zellen, die auskleidendes Gewebe bilden) in einer 3D-Struktur angeordnet wurden, die der „normalen“ Struktur der Leber sehr nahe kommt. Dieser „HepaChip“ kann über mehrere Tage durch Spülung mit Nährmedium funktionell erhalten und in diesem Zeitraum der Abbau und die Leberverträglichkeit eines potenziellen neuen Medikamentenwirkstoffs getestet werden.